Samstag, 20. Dezember 2008

Home, sweet home

Im bayerischen Passau ist ein Polizeibeamter niedergestochen und schwer verletzt worden. Das Opfer ist Polizeidirektor Alois Mannichl, Leiter der Polizeidirektion Passau. Der Täter ist bislang noch nicht bekannt (zumindest was die Öffentlichkeit angeht), wird aber augenscheinlich der rechtsextremen Szene zugerechnet. Zumindest wird dies durch die Täterbeschreibung und die Tatsache, daß der Täter das Opfer bei der Tatausführung als "linkes Bullenschwein" beschimpft haben soll, indiziert. Nach derzeitigem Stand der Ermittlungen verwendete der Täter ein Brotmesser, das das Opfer selbst für Gäste und Nachbarn im Eingangsbereich seines Hauses bereitgelegt hatte.

Herr Mannichl hat in seiner Tätigkeit als Leiter der PD Passau u.a. maßgeblich dadurch von sich reden gemacht, daß er unter Einbindung der Ressourcen seiner Dienststelle auf energische Art und Weise gegen rechtsextreme Bestrebungen und Strukturen in seinem Zuständigkeitsbereich vorgegangen ist und weder privat noch dienstlich die Konfrontation mit diesem Klientel gescheut hat.

Die vereinten Stimmen aus den Medien und der politischen Landschaft zeigen sich betroffen und schockiert darüber, daß die militante Rechte offensichtlich inzwischen nicht mehr davor zurückschreckt, gewaltsam und mit Tötungsabsicht gegen exponierte Vertreter des "Systems" vorzugehen. Und diese Sorge ist zweifelsohne berechtigt und angebracht.

Was ich persönlich jedoch mindestens ebenso bedeutsam finde und was vor allem nicht nur eine herausgehobene Symbolfigur wie Herrn Mannichl betrifft, sondern viele tausende unbekannte Polizeibeamte in ganz Deutschland, ist die Tatsache, daß der Angriff auf ihn nicht im Dienst, im Kontext eines Einsatz oder im Umfeld seiner Dienststelle geschehen ist, sondern zuhause im Bereich seiner privaten Lebensführung. Vertreter einer gewalttätigen und kriminellen Subkultur haben den ernsthaften Versuch unternommen, einen Polizeibeamten auf der Schwelle seines eigenen Hauses zu töten.

Nicht jeder von uns befindet sich in einer derart prominenten Position wie Herr Mannichl... tatsächlich führen die allermeisten von uns ein relativ unspektakuläres Leben und beschäftigen sich dienstlich mit ziemlich normalen und wenig herausstechenden Vorgängen. Wir sollten uns aber ab und zu daran erinnern, daß diese Tatsache nicht zwangsläufig bedeutet, daß uns niemand etwas Böses will.

Jeder Polizeibeamte, der einige Jahre Diensterfahrung hat, ist schon mal von seinem Gegenüber bedroht worden. In aller Regel handelt es sich dabei um leeres Gerede und bloßes Imponiergehabe, und so gehen die meisten Kollegen auch damit um. Wir dürfen aber eins nie vergessen: unser polizeiliches Gegenüber besteht zu einem nicht geringen Anteil aus habituellen Gewalttätern, die regelmäßig vollkommen irrationale Dinge tun, ohne auch nur ansatzweise daraus zu lernen. Unprovozierte Gewalt gegen Polizeibeamte und ihre Familien auszuüben, mag für den kühlen Rechner eine vollkommen unlogische Entscheidung sein... aber es gibt trotzdem Leute in den diversen kriminellen Milieus, für die ein derartiges Vorhaben durchaus eine bedenkenswerte Idee darstellt. Und es hat immer wieder Fälle gegeben, in denen versucht wurde, diese Ideen in die Tat umzusetzen.

Wir müssen akzeptieren, daß jeder einzelne von uns in dem Moment, in dem er in unsere Firma eintritt, sich selbst eine Zielscheibe auf den Rücken malt. Das ist ein unvermeidlicher Teil des Jobs. Wir schulden es aber unseren Familien, Freunden und uns selbst, daß wir dieses Risiko ernstnehmen und es nicht einfach mit einem Achselzucken abtun. Das bedeutet, daß wir auf die Möglichkeit vorbereitet sein sollten, daß jemand, mit dem wir dienstlich zu tun haben, eine Verbindung zwischen unserem beruflichen und unserem privaten Lebenm herstellt.

Und ganz konkret heißt es, gewohnheitsmäßig mißtrauisch zu sein... die Gegensprechanlage zu benutzen, durch den Türspion zu schauen, eine Sicherheitskette vorzulegen, sich beim Betreten und Verlassen seines Heims umzuschauen, sich seiner Umgebung bewußt zu sein, und auch im privaten Bereich Verteidigungsmittel bereitzuhalten. Das kann z.B. bedeuten, seine Dienstwaffe nach Feierabend nicht auf der Dienststelle einzuschließen, sondern sie mit nach Hause zu nehmen.

Und es heißt weiterhin, einem potentiellen Täter nicht auch noch ein perfektes Tatmittel an derjenigen Stelle des Hauses bereitzulegen, an dem er mit der höchsten Wahrscheinlichkeit auf uns treffen wird.

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