Mittwoch, 24. September 2008

Hinterhalt

Im Oktober 1991 wurden im niedersächsischen Holzminden zwei Polizeibeamte mittels einer fingierten Verkehrsunfallmeldung in einen Hinterhalt gelockt und von den Tätern mit einem Sturmgewehr erschossen.

Heute, siebzehn Jahre danach, berichtet die Polizei Köln von einem ähnlich gelagerten Fall, bei dem glücklicherweise kein Polizeibeamter zu Schaden kam. Ein Anrufer meldet eine hilflose Person. Als die eingesetzte Streifenbesatzung sich der auf dem Fußweg liegenden männlichen Person nähert, springt diese auf, während gleichzeitig zwei weitere Männer aus dem Wald kommen und die Beamten mit Schußwaffen bedrohen. Die Beamten fordern die Täter auf, die Waffen abzulegen. Als diese der Aufforderung nicht nachkommen, geben sie zwei Warnschüsse ab, worauf die Täter flüchten und dabei mehrfach in Richtung der Polizeibeamten schießen. Später wird am Tatort eine Schreckschuß-Pumpgun gefunden.

Dieser Ereignisablauf zeigt in meinen Augen drei fundamental wichtige Dinge auf:

1. Es gibt keine Routineeinsätze... zumindest sollte man sein Möglichstes tun, um sie nicht als solche zu betrachten. Eine derartige unschöne Überraschung kann im Verlauf jedes Einsatzes auftreten. Jeder von uns sollte sich dazu erziehen, auch bei scheinbar belanglosen Einsätzen aufmerksam an die Situation heranzugehen, nichts als gegeben vorauszusetzen und seine Wachsamkeit niemals aufzugeben. Das ist schwierig, insbesondere wenn man schon ein paar Jahre Diensterfahrung hinter sich hat, aber es könnte eines Tages unsere Haut retten.

2. Eine Warnung ist in einer Notwehrsituation ein unnötiges Risiko. Wenn die Täter in dem vorliegenden Fall die Absicht gehabt hätten, die Polizeibeamten (wie seinerzeit in Holzminden) zu töten, hätte ihnen die Androhung des Schußwaffengebrauchs durch verbale Aufforderung und Warnschüsse womöglich genau die zwei, drei Sekunden an zusätzlicher Zeit gegeben, die sie gebraucht hätten. Im übrigen ergibt die rechtliche Würdigung, daß die meisten Polizeigesetze der einzelnen Bundesländer heutzutage die Androhung des Schußwaffengebrauchs nur dann fordern, wenn der Beamte sich dadurch nicht selber unverhältnismäßig gefährdet. Ich beglückwünsche die Kollegen zu dem guten Ausgang der Situation... aber in dem Moment, in dem ich mit einer Schußwaffe bedroht werde, ist die adäquate Reaktion meinerseits der sofortige Einsatz meiner eigenen Waffe in Verbindung mit einer sofortigen entschlossenen Bewegung in Deckung und aus der Angriffsrichtung heraus. Jedes Zögern kann sich fatal auswirken.

3. Die Schlußfolgerung liegt nahe, daß die Täter hier beabsichtigt haben, sich auf diese Weise scharfe Dienstwaffen zu verschaffen. Der Vorfall zeigt auf eindrucksvolle Art und Weise, daß es in einer derartigen Lage ein Kapitalfehler wäre, die eigene Waffe aufzugeben. Diese Grundregel sollte sich jeder Berufswaffenträger unauslöschlich einprägen. In der Vergangenheit hat es immer wieder Fälle gegeben, in denen Polizeibeamte in einer Bedrohungslage ihre Waffen und sich selber aufgegeben haben, und meistens ist es nicht gut ausgegangen. Wenn ich meine Waffe behalte und den Anweisungen des Täters nicht nachkomme, riskiere ich zwar eine Eskalation der Lage, aber ich behalte meine Handlungsfreiheit und meine Chance auf entschlossene Gegenwehr. Vielleicht werde ich dabei verletzt, vielleicht auch getötet, aber ich habe zumindest eine reelle Chance, den Ausgang der Situation in meinem Sinne zu beeinflussen. In dem Moment jedoch, in dem ich meine Waffe aufgebe, liefere ich mich buchstäblich der Gnade des Täters aus... ich mache mein Leben und meine Gesundheit vollständig von seiner Entscheidung abhängig, und das ist nicht akzeptabel bzw. mindert meine Chancen noch viel gravierender. In diesem Sinne meinen Respekt für die beiden Kollegen, die in dieser Situation das Richtige getan und sich gewehrt haben.

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