Samstag, 15. August 2009

Schuldbewußt

Betrunkene Leute sind unzurechnungsfähig und bauen mit schöner Regelmäßigkeit kapitalen Mist. Diese Grundwahrheit kennt jeder, der im Blaulichtmilieu seine Brötchen verdient... Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst, und ebenso alle Securities und Gastronomen.

Nun kann ich es nachvollziehen, daß man im Zustand gesteigerter Lebensfreude mitunter impulsive Sachen sagt und tut, die man eigentlich gar nicht so meint und im nüchternen Zustand nie tun würde. Ich verstehe allerdings trotz ganz erheblicher geistiger Anstrengung meinerseits nach wie vor nicht, warum derart viele Besoffene darauf bestehen, Dinge zu tun, bei denen jeder normale Mensch sofort sagen würde, "Das kann nie im Leben gutgehen", obwohl ich ihnen mit Engelsgeduld eine halbe Stunde lang erklärt habe, was die Konsequenzen für sie sein werden.

Besonders augenfällig wird das immer wieder bei Ruhestörungseinsätzen. Der Nachbar ruft an und beschwert sich über massiven Lärm zu nachtschlafender Zeit, worauf die Funkstreife vorfährt, den Verursacher höflich zur Ruhe ermahnt und für den Fall der Nichtbefolgung unangenehme Konsequenzen wie die Auflösung der Party und die Mitnahme der Stereoanlage in ausführlicher Weise androht.

Anstatt das nun aber als rechtzeitigen Fingerzeig zu nehmen, daß die Zeit für lautstarkes Feiern jetzt vorbei ist, scheint ein erheblicher Teil unserer "Kunden" dies als Aufforderung zu einem Wettkampf mit dem Inhalt "Wetten, daß ich die Musik wieder auf volle Lautstärke stellen kann, bevor ihr hundert Meter weit weg seid?" zu interpretieren.

Wüste Worte fallen, die man am besten mit "Das ist mein Haus, und hier könnt ihr blöden Bullen mir gar nix!" zusammenfassen können. Tun wir aber doch. Und nachdem augenscheinlich keine Besserung in Sicht ist, hingegen aber einschlägige Drohungen gegen die strukturelle Integrität meiner Schädeldecke ausgesprochen (bzw. gelallt) werden, tritt der Verursacher eine kurze Flugreise Richtung Boden an, bekommt eine kostenpflichtige Fahrt im blau-silbernen Taxi zur Dienststelle und eine Unterbringung in der Präsidentensuite bis zur Ausnüchterung.

Nun sollte man meinen, daß dann am nächsten Morgen der große Katzenjammer und die Einsicht in die eigene Dummheit einsetzt. Weit gefehlt, es gibt nur scheele Blicke und ein gemurmeltes "Warte ab, wir sehen uns noch mal privat..."

Dabei geht es doch auch anders. Der mündige Verkehrsteilnehmer ist nicht angegurtet, kommt dem Anhaltezeichen mit der Kelle nicht nach und verhält sich nach Antreffen an der Wohnanschrift derart rotzfrech und aggressiv, daß er um Haaresbreite in Handschellen auf dem Boden landet. Der Schutzmann schreibt ein Ticket, man raunzt sich gegenseitig an und trennt sich in unschöner Stimmung. Keine fünf Minuten später springen mir jedoch beinahe die Augen aus dem Kopf... unser Kunde hat soeben auf der Dienststelle angerufen, sich wortreich für sein unverschämtes Benehmen entschuldigt (das er nur wegen hohem beruflichem Streß an den Tag gelegt habe) und erklärt, er verdiene das Ticket voll und ganz.

Sowas habe ich in meiner bisherigen beruflichen Karriere nur einmal erlebt... es mag allerdings auch daran gelegen haben, daß der gute Mann stocknüchtern war.

Disclaimer: natürlich gibt es Momente, in denen es Entschuldigungen geradezu hagelt. In aller Regel passiert das, kurz bevor die Hauptverhandlung des Strafverfahrens beginnt... wenn der Anwalt seinem Mandanten rät, vor dem Urteilsspruch doch langsam mal lieber einen guten Eindruck zu machen.

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