Mittwoch, 26. November 2008

Sparen

Unlängst las ich in einem amerikanischen taktischen Forum einen Vergleich, den ich ziemlich passend finde. Der Autor der fraglichen Zeilen schrieb sinngemäß folgendes: "Training ist wie Geld auf der Bank, das den Scheck deckt, den ich irgendwann im Notfall ausschreiben muß."

Diese Analogie hat bei näherer Betrachtung einiges für sich. Die meisten berufstätigen Menschen haben - wie ich selbst auch - heutzutage irgendeine Form von Sparplan, Lebensversicherung oder sonstiger Altersvorsorge. Und manchmal nervt es, daß die entsprechenden Geldsummen jeden Monat einfach so vom Konto verschwinden, ohne daß ich vordergründig im Moment etwas davon habe... denn jeder von uns würde insgeheim lieber losziehen und die zu sparenden oder zu investierenden Gelder für irgendwelche Konsumwünsche ausgeben.

Nichtsdestotrotz sparen wir dennoch, weil unsere Ratio uns sagt, daß wir womöglich zu einem späteren Zeitpunkt auf das Geld angewiesen sein werden und es dann für Dinge ausgeben müssen, die wichtiger sind als Luxusartikel - sei es unser Lebensunterhalt im Alter, ein plötzlicher medizinischer oder sozialer Härtefall, das Studium unserer Kinder oder was auch immer.

Im Grunde verhält es mit Training gar nicht so unähnlich. Regelmäßiges sinnvolles Training erhöht unsere Chancen, in einer Extremsituation einen kühlen Kopf zu bewahren, richtig zu reagieren und einigermaßen heil aus der Sache herauszukommen. Es vermehrt also unser körperliches und mentales "Kapital", auf das wir in einer derartigen Lage zurückgreifen können. Dieses Kapital spielt insbesondere für diejenigen eine Rolle, die sich von Berufs wegen regelmäßig in gewalttätige Konfliktsituationen begeben... Polizeibeamte, Soldaten, Sicherheitspersonal.

Ähnlich wie beim Sparen muß man sich aber mitunter überwinden, den kurzfristigen Komfort für langfristige Vorteile etwas zurückzustellen. Denn egal wieviel Spaß uns sportliche Betätigung, Fitnesstraining, Kampfsport, Selbstverteidigung, Schießen oder weitergehendes taktisches Training machen... jeder von uns kommt gelegentlich an einen Punkt, an dem er viel lieber auf der Couch sitzenbleiben würde, und an dem es eine gewisse Überwindung darstellt, trotzdem seinen Hintern hochzukriegen und zum Training zu gehen. Und viele Leute schätzen ihren persönlichen Komfort (und die Abwesenheit von Schweiß, Anstrengung, Muskelkater und blauen Flecken) so hoch, daß sie überhaupt nicht trainieren.

Ich frage mich allerdings, warum so viele meiner Kollegen es schaffen, erhebliche Beträge für ihre Altersvorsorge, ihr Eigenheim oder meinetwegen auch für ihr neues Auto anzusparen, gleichzeitig aber nicht in der Lage sind, ein regelmäßiges zielgerichtetes Training zu verfolgen. Ich persönlich empfinde die Aussicht, zum Krüppel geschlagen, abgestochen oder niedergeschossen zu werden, als deutlich unangenehmer als die Vorstellung, mit weniger Geld auskommen zu müssen oder in einem kleineren Haus zu wohnen. Anscheinend stehe ich mit dieser Ansicht alleine - denn anders kann ich mir nicht erklären, warum sich in derjenigen Gesellschaft mit dem besten sozialen Netz der Welt tatsächlich die Masse der Polizeibeamten mehr Sorgen um ihr finanzielles Wohlergehen als um ihre körperliche Unversehrtheit macht.

Werte Kollegen, das "Ansparen" von Training ist zwar mitunter etwas unkomfortabel und kostet etwas Zeit, aber wenn irgendwann der "Zahltag" da ist, werdet ihr dankbar über jedes bißchen "Kapital" sein, was ihr zusammengetragen habt. Denn wenn sich im Ernstfall euer "Scheck" als ungedeckt herausstellt und platzt, steht wesentlich mehr auf dem Spiel als der nächste Urlaub oder das neue Auto.

In diesem Sinne... fröhliches Sparen.

Mittwoch, 19. November 2008

Poetische Gerechtigkeit

Und es gibt sie doch... ganz gleich, ob man sie nun Gerechtigkeit, Karma, Schicksal oder Vorsehung nennt. Es begab sich unlängst in unserem Städtchen, daß drei osteuropäische Geschäftsleute aus einem recht florierenden Industriezweig ihres Heimatlandes (welcher die serienmäßige Übereignung von Geldbörsen ohne Wissen der ursprünglichen Eigentümer beinhaltet) in einem belebten Einkaufszentrum ihrem Beruf nachgingen. Unglücklicherweise werden sie dabei von einer aufmerksamen Zeugin beobachtet und unmittelbar darauf von der Polizei zu einer geschäftlichen Besprechung auf die Wache "eingeladen".

Zwei von ihnen werden vorläufig festgenommen, während der dritte, dem keine Tatbeteiligung nachgewiesen werden kann, wieder auf freien Fuß gesetzt wird. Als guter Geschäftspartner fährt er natürlich nicht ohne seine Mitarbeiter weiter, sondern setzt sich in ein Café, um dort bei einer Tasse Kaffee auf ihre (in Kenntnis der bundesdeutschen Justiz sicherlich zu erwartende) baldige Freilassung zu warten.

Leider hat unser aufstrebender Geschäftsmann die kriminelle Energie der Einheimischen unterschätzt... als er wieder zu seinem geparkten Auto zurückkehrt, ist die Scheibe eingeschlagen und sein Navigationsgerät entwendet. Empört über diese mangelnde Gastfreundschaft und die unsäglich schlechte Sicherheitslage in Deutschland, ruft er die Polizei, um diese schändliche Tat anzuzeigen. Man munkelt, daß der aufnehmende Beamte sich ein breites Grinsen nicht verkneifen konnte...

Wir bringen ihn sicher rein...

... war der Slogan auf den Verpackungen der schönen polizeigrünen Kondome, die die Gewerkschaft der Polizei (GdP) vor einigen Jahren auf dem alljährlichen Großeinsatz anläßlich des Castor-Transports unter den Einsatzkräften verteilte. Schön, daß die Berufsvertretung der Fachleute für die öffentliche Sicherheit sich tatsächlich Gedanken über die Sicherheit ihrer Mitglieder in wirklich allen Belangen gemacht hat... und dieses Vegetieren in Containerdörfern während der gesamten Dauer des Einsatzes ist ja auch wirklich eine äußerst langweilige Angelegenheit.

Dieses Jahr gabs keine Verhüterli, aber wir haben ihn natürlich trotzdem sicher reingebracht (den Castor-Transport, meine ich). Spannend war es auch diesmal nicht, aber dafür durfte ein nicht geringer Teil der Einsatzkräfte statt im Containerdorf im Center-Parc nächtigen und sich von der dortigen Küche verpflegen lassen. Ich muß zugeben, daß ich noch nie eine derart gute Einsatzverpflegung genießen durfte...

Ich würde jetzt gerne noch etwas zur Strategie der Gesamteinsatzleitung, dem Erfolg oder Mißerfolg des Einsatzkonzeptes und der deeskalierenden Wirkung desselben schreiben... leider muß ich sagen, daß ich (als metaphorischer "Schütze Arsch") aufgrund des ziemlich schlechten Informationsflusses zur Basis während des Einsatzes keine Informationen aus erster Hand bekommen konnte. Die Tatsache, daß der Transport die Umladestation mehr als zwölf Stunden später als geplant verlassen hat, ist in meinen Augen allerdings schon relativ aussagekräftig.

Was ich hingegen mit Sicherheit sagen kann, ist, daß das Verständnis der eingesetzten Polizeibeamten für die Demonstranten mit jeder Stunde, die der Transport verzögert wird und die der einzelne Beamte voll aufgerödelt in der Kälte steht, abnimmt. Als wir am Ende unserer Einsatzphase nach fast vierzig Stunden endlich abgelöst wurden, war jeder von uns so weit, sich zu wünschen, daß die Gesamteinsatzleitung den Transport ohne Rücksicht auf Verluste durchprügelt. Dabei wird einem zumindest warm...

Samstag, 1. November 2008

Fortbildung

Nun ist es vorbei... das Polizei-Bundesseminar 2008 des Deutschen Ju-Jutsu Verband (DJJV). Wer es noch nicht kennt, sollte sich überlegen, nächstes Jahr mal teilzunehmen. Für die Kampfsportmuffel unter meinen geschätzten Lesern: es handelt sich nicht um ein JJ-Seminar im eigentlichen Sinne, sondern es geht ausschließlich um polizeispezifische Inhalte aus den Bereichen Eigensicherung (in jeglicher Form), Zugriffstraining und Einsatztaktik. Die Referenten sind überwiegend behördliche Einsatztrainer aus Polizei, Zoll, Justiz und Bundeswehr. Teilnahmeberechtigt sind ausschließlich Angehörige der o.g. Behörden (für die Bundeswehr nur Feldjäger und KSK).

Auch dieses Jahr boten die Referenten und Trainer wieder während des gesamten Wochenendes ein buntes Spektrum an Trainingseinheiten und Vorträgen zu den verschiedensten Themen an. Aufgrund der enormen Bandbreite (jeweils sieben bis acht parallel zueinander verlaufende Veranstaltungen) war buchstäblich für jeden Geschmack und jede Interessenlage etwas dabei... Festnahmetechniken, Selbstverteidigung, taktischer Einsatz diverser Einsatzmittel von der Taschenlampe bis zur Schußwaffe, Verhalten vor Gericht, Trainingsgestaltung, Kommunikation, you name it, they got it.

Herauszuheben ist besonders die gute und kollegiale Stimmung während des gesamten Seminars. Wer sich auch nur ansatzweise für das Thema Eigensicherung interessiert und mehr möchte als das, was dienstlich geboten wird, sollte sich dieses Seminarwochenende nicht entgehen lassen. Aber Vorsicht... es gibt jedes Mal deutlich mehr Anmeldungen als die 270 verfügbaren Seminarplätze. Der frühe Vogel fängt den Wurm.. also regelmäßig mal unter http://www.ju-jutsu.de/polizei.html nach der nächsten Ausschreibung gucken.