Samstag, 26. Dezember 2009

Was lange währt, wird endlich gut

Die Polizeibeamten, die vor einem Dreivierteljahr in Regensburg zu einem Einsatz anläßlich einer Bedrohungslage fuhren und im Verlauf dieses Einsatzes den Täter Tennessee Eisenberg nach erfolglosem Schlagstock- und Pfeffersprayeinsatz mit zwölf Schüssen töteten, können aufatmen... das Ermittlungsverfahren gegen sie wurde nunmehr endlich eingestellt und der Abschlußbericht der Staatsanwaltschaft veröffentlicht.

Die Lektüre dieser (überaus interessanten und sowohl aus taktischer wie aus juristischer Sicht lesenswerten) Ausarbeitung bestätigt einige fundamental wichtige Grundsätze für den polizeilichen Schußwaffeneinsatz, deren Kenntnis die eigene Handlungssicherheit im Einsatz maßgeblich erhöht:

- die Stoppwirkung polizeilicher Dienstwaffen ist vollkommen unkalkulierbar und kann im Einzelfall nicht vorhergesagt werden

- gleiches gilt für Pfefferspray und jegliches andere Einsatzmittel, die auf der Zufügung von Schmerzen basieren

- die Justiz erwartet keinesfalls von dem Polizeibeamten, unter Einsatz seines eigenen Lebens die Auseinandersetzung mit einem Messertäter in der Nahdistanz zu suchen, da sie die erhebliche Gefährdung der Einsatzkräfte anerkennt, die ein solches Vorgehen mit sich bringen würde

- die Rechtmäßigkeit eines polizeilichen Schußwaffengebrauches ist nicht an eine bestimmte Anzahl Schüsse geknüpft, sondern es darf (und muß) solange weitergeschossen werden, bis die Gefahr für Leib und Leben abgewehrt ist

Diese Grundsätze mögen für denjenigen Leser, der mit der Thematik auch nur oberflächlich vertraut ist, selbstverständlich erscheinen. Sie sind es aber unter meinen Kollegen teilweise durchaus nicht, was bei dem einen oder anderen zu erheblicher Unsicherheit bezüglich der eigenen Einschreitschwelle führt.

Tatsächlich ist es im Ernstfall deutlich zu spät, sich diesen Überlegungen zu widmen. Jeder einzelne von uns muß die Frage "Wann und in welchem Fall schieße ich?" für sich selbst individuell und ausführlich im Voraus durchdacht und sich ein robustes, unkompliziertes gedankliches Modell der "rules of engagement" zurechtgelegt haben, das er auch unter Streß abrufen und umsetzen kann. Denn Unsicherheit und Zögern kann den Betreffenden im Einsatz diese winzigkleine Zeitspanne kosten, die womöglich irgendwann den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmacht.

Jeder von uns möge deshalb die "Linie im Sand" zumindest im Geiste rechtzeitig im Voraus ziehen. Dazu bedarf es einerseits regelmäßigen guten Trainings, um die eigenen Fähigkeiten realistisch einschätzen zu können, und andererseits die gedankliche Auseinandersetzung mit Rechtsprechung, Gutachten und Einsatzberichten. In diesem Sinne möchte ich meinen Kolleginnen und Kollegen nachdrücklich ans Herz legen, sich mit dem oben verlinkten Bericht mal etwas ausführlicher zu beschäftigen... und mit allen anderen Daten und Fakten zu diesem Thema, die ihnen in die Hände fallen.

Fröhliche Weihnachten und paßt auf Euch auf...

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