Dienstag, 5. Januar 2010

Auge um Auge

Live by the sword - die by the sword, heißt es in dem altenglischen, aus dem Matthäus-Evangelium entlehnten Sprichwort. Diese Weisheit gibt es natürlich auch im Deutschen in vielerlei Vaianten, aber sie klingt dort einfach nicht so schön eingängig.

Oftmals sucht man diese Form von poetischer Gerechtigkeit ja leider vergebens. Dieses Jahr hat es der Vorsehung, dem Schicksal, dem Universum oder wem auch immer aber zu Silvester mal wieder gefallen, auf nachdrückliche und unmißverständliche Weise klarzustellen, daß jegliche (unüberlegte) Handlung ihre Konsequenzen hat.

Der sechzehnjährige Ibrahim O. fährt zum Feiern nach Hamburg und gießt sich ordentlich was vom "Wein, der Vergessen schenkt" auf die Lampe. Offensichtlich führt das dazu, daß er vollkommen vergißt, daß Messer im allgemeinen eine scharfe Spitze haben und sich mit empfindlichen Materialien nicht gut vertragen

Als Ibrahim O. nämlich in einen Streit mit einem anderen jungen Mann gerät, zieht er sein Butterfly-Messer und bedroht damit seinen Kontrahenten. Der ist anscheinend von einem deutlich clevereren Schlag als unser gutbewaffneter Großstadtkrieger, denn er verdrückt sich umgehend. Allerdings kann der Sieger dieses spannungsgeladenen Duells seinen Triumph nur kurzzeitig genießen, denn wenige Sekunden später rutscht er aus, fällt zu Boden und rammt sich selbst das Messer bis zum Anschlag ins linke Auge. Er liegt gegenwärtig nach einer Not-OP im künstlichen Koma.

Ich gebe zu, daß mich meine Meinung zu diesem Vorfall vermutlich zu einem ziemlich unempathischen Menschen macht. Ich habe nämlich laut losgelacht. So tragisch es für einen jungen Menschen auch sein mag, ein Auge zu verlieren (und womöglich noch mehr, falls die Verletzungen schwerwiegender sind)... nach einer ganzen Reihe von Jahren als Polizist auf der Straße und der Aufnahme von unzähligen vollkommen unnötigen und sinnlosen Schlägereien, Messerstechereien und Bedrohungen, die aus Alkohol, schwachsinnigen Ehrbegriffen und nitroglycerinartigem Temperament der Beteiligten resultierten, ist jegliches Mitleid für jemanden, der aus ebendiesen Motiven eine Waffe gegen seine Mitmenschen richtet und dabei selbst zu Schaden kommt, bei mir aufgebraucht.

Insofern bleibt mir nichts mehr zu sagen als "Selbst schuld, du Held". Leider ändert die Geschichte von Ibrahim O. nicht das Geringste an der Tatsache, daß auf Deutschlands Straßen zehntausende junge Männer von Ibrahim O.'s Kaliber herumlaufen, die uns auch morgen, übermorgen und nächste Woche Schwierigkeiten aller Art bereiten, Sachen kaputtmachen und Menschen verletzen werden.

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